Häufige Fragen
1) Ich habe einen gewöhnlichen, kurzen Rasen, was kann ich tun?
Am besten erstmal gar nichts! Lass ihn einfach wachsen, halte Störungen fern und
staune über das, was entsteht. Oft sind Rasenflächen pflanzenartenreiche Lebensräume, man sieht es ihnen unter der permanenten ‘Rasur’ nur nicht an. Das gilt vor allem, wenn sie lange ohne Dünger und Chemie gepflegt wurden.
2) Wie oft mähe ich meine Fläche? Das kommt auf Deine Wiese an. Wenn eine kräftige und hohe Wiese zweimal im Jahr gemäht wird, unterstützt dies den Erhalt der Artenvielfalt. Seltener zu mähen fördert einseitig konkurrenzkräftige Gräser, deren hoher und dichter Aufwuchs dann kaum blühende Kräuter zulässt. Ist der Aufwuchs der Wiese geringer, kann eine einzige Mahd im Jahr genügen. Sehr magere kurzrasige Flächen können gerne mal 1-2 Jahre in Ruhe gelassen werden. Überhaupt ist das Stehenlassen von Teilbereichen über den Winter bzw. über mindestens ein ganzes Jahr ein wichtiger Beitrag für das Überleben vieler Insekten.
3) Wann mähe ich?
Oft wird dazu geraten, so spät wie möglich zu mähen. Bei üppig wachsenden Wiesen tut man der Artenvielfalt damit keinen Gefallen. Vom Zeitpunkt an, wo die starkwüchsigen Gräser bei ihrem Wachstumsschub im Frühjahr hoch und dicht aufgewachsen sind, werden lichtliebende Wiesenblumen bedrängt und ausgedunkelt. Dann noch mit dem Mähen zu warten, bringt Vielfalt auf Dauer zum Verschwinden. Bei einer Wiese, die zweimal im Jahr gemäht wird, ist deshalb eine „Früh-Spät-Mahd“ für die Artenvielfalt am besten. Das erste Mal mäht man etwa ab dem Zeitraum, wenn die hohen Gräser ihr Längenwachstum beendet haben und blühen, aber allerspätestens, wenn sie beginnen, umzukippen und lückenlose Decken zu bilden. Das ist dann oft im späten Mai oder frühen Juni so weit, kann aber auch früher oder später sein. Die zweite Mahd findet im Mittel erst nach einer langen Pause von 2-3 Monaten zum Ende des Sommers statt. In dieser Zeit kann die Wiese ein zweites Mal blühen, Wiesenblumen kommen zur Samenreife und die Tierwelt der Sommerwiesen kann sich ungestört entwickeln. Magere Wiesen, die nur einmal jährlich gemäht werden müssen, mäht man am besten am Ende des Sommers, frühestens aber im Juni. Hierzu liegt ein neuer, ausführlicher Beitrag von Georg Wilhelm vor: Hier
4) Was tun, wenn ich es nicht schaffe, alles auf einmal zu mähen?
Hervorragend! Das Abmähen von Teilflächen erhält den Fortpflanzungszyklus der hier lebenden Insekten in ihren verschiedenen Entwicklungsstadien (Eier, Larven, Puppen). Am wirkungsvollsten ist es, die Wiese in kleinen Flächen über das Jahr verteilt Stück für Stück zu mähen und dabei ein kleinflächig wechselndes Muster von gemähten und ungemähten Flächen zu erzeugen (‘Mosaikmahd’). Ein Eckchen wird vielleicht mal vorzeitig gemäht und hat dann seinen Auftritt, wenn an anderen Stellen die Blüte schon durch ist. So blüht von früh bis spät im Jahr auf Deiner Wilden Wiese immer irgendwas. Andere Stellen bleiben lange ungemäht und die Samen können sich ungestört entwickeln. So ein achtsames Mähen macht viel mehr Vergnügen als alles auf einmal plattzumachen. Man kann viel ausprobieren und es ist ideal, wenn immer ein Mix aus niedriger, mittlerer, hoher und vorjähriger Vegetation vorhanden ist.
5) Kann man mit der Mahd wiesenbewohnende Tiere (z.B. bodenbrütende Vögel) schädigen?
Ja, das kann passieren. Trotzdem ist die Wiesenpflege notwendig, weil die Wiesenbrüter sonst ihren Lebensraum ganz verlieren. Die meisten Wieseninsekten, zugleich Lebensgrundlage der Vögel, sind auf lichte, artenreiche Wiesen angewiesen und die entstehen nur dort, wo Gräser nicht alle anderen Pflanzen überwuchern. Darum hilft es auch nicht, erst nach Ende der Brutzeit zu mähen. Am besten ist es, dort, wo möglicherweise Bodenbrüter vorkommen, auf singende, warnende oder fütternde bodenbrütende Vögel zu achten, um die Bereiche, wo ein Nest sein könnte, beim Mähen auszusparen. Das gilt auch für höhere Strukturen wie Böschungen, Stauden und Gebüschränder – hier einfach ein bisschen Abstand halten. Grasstreifen stehen zu lassen und bis zum Ende des nächsten Sommers nicht anzutasten, hilft vielen Wiesenvögeln, die an solchen Stellen bevorzugt brüten. Wenn Du mit Maschinen mähst, schützt Du mit einer Schnitthöhe von mindestens 10cm über dem Boden Amphibien, Reptilien und andere Tiere.
6) Welches sind die besten Geräte für die Mahd?
Rasenmäher und andere Maschinen mit rotierenden Mähwerken zerschreddern bei der Mahd bis zu 70% der Kleinstfauna. Wenn es nicht anders geht, kannst Du durch eine größere Schnitthöhe und indem Du nicht alles auf einmal mähst, die Schäden begrenzen. Für eine schonende Mahd sind schneidende Werkzeuge geeignet. Entweder nutzt Du eine scharfe Wiesensense und mähst einmal die Woche ein kleines Teilstück oder Du nutzt einen Balkenmäher für größere Teilflächen.
7) Wohin mit dem Mähgut?
Ideal ist das Abharken von Hand. Bei kleinen Flächen funktioniert eine Entsorgung auf dem Komposthaufen. Größere Mengen können nach Absprache an den Grüngutsammelstellen abgegeben werden. Am allerbesten kannst Du aber aus dem Mähgut Heu machen! Kräuterheu als Futter für Schafe oder Pferde wird sehr gerne genommen und bringt Dein Mähgut in den Kreislauf. Zum Heumachen lässt man das Mahdgut ein paar Tage auf der Fläche trocknen (zwischendurch lockern und wenden), harkt es zusammen und lagert es in Netzen oder Säcken. Größere Mengen können vor Ort zu Ballen gepresst werden und noch größere Mengen direkt von der Fläche abtransportiert werden. Wilde Wiese Wendland dient als regionale Heubörse für Dich als Wiesenbewirtschafterin und/oder Tierhalterin! Wie auch immer Du Dich entscheidest: wichtig ist, dass das Mähgut nicht liegenbleibt, damit die Pflanzen auf der Wiese genug Licht bekommen.
8) Woher bekomme ich Saatgut für meine Wiese?
Das wichtigste Saatgut für Deine Wiese ist zunächst Deine Geduld. 🙂 Jede Wiese ist einzigartig in ihrer Zusammensetzung und von den Standortbedingungen abhängig. Regionaltypische Pflanzen sind optimal angepasst und machen Deine Wiese nach und nach immer bunter. Damit Pflanzenarten mit Herkunft aus dem Wendland den Weg in noch artenarme Wiesen finden, gibt es vor allem drei Wege: Abwarten, Samen sammeln oder Mahdgutübertragung. Abwarten und darauf vertrauen, dass bei geeigneter Pflege sich die Vielfalt an typischen Arten von selbst einstellen wird, kann, je nach Fläche und Rahmenbedingungen, manchmal funktionieren, vor allem auf sehr armen Böden oder wenn artenreiches Grün direkt angrenzt. Ein weiterer Weg zur Umwandlung von artenärmeren, vor allem kleineren Flächen in eine artenreiche, blühende Wiese ist es, bei Spaziergängen in der Umgebung kleine Mengen Wildblumensamen zu sammeln – dort, wo es erlaubt ist (also z.B. nicht in den C-Gebieten der Biosphäre) und von Pflanzen, die nicht geschützt sind. Wo sehr artenreiche Wiesenflächen in der Nachbarschaft vorhanden sind, lässt sich eine Wildblumenwiese durch Mahdgutübertragung anlegen. Dazu wird die „Spenderfläche“ zu Zeitpunkten gemäht, in dem viele Wildblumensamen reif sind. Die abgemähten Wiesenpflanzen werden auf der „Empfängerfläche“ verteilt, wo sie sich aussamen. Da es sich bei dieser Methode um einen aufwendigeren Prozess handelt, will das Netzwerk von Wilde Wiese Wendland hier beraten und Kontakte vermitteln.
9) Wie sieht es mit gekauftem Saatgut aus?
Gekauftes Saatgut auszusäen ist auch bei guter Qualität nur die zweitbeste Lösung. Die meisten ‚Blumensamen-Mischungen für Schmetterlinge und Bienen’ enthalten vor allem einjährige Zierpflanzen, die für Insekten kaum Bedeutung haben. Sie bieten im ersten Jahr ein Strohfeuer von buntesten Farben, sind aber schon im zweiten Jahr weitgehend verschwunden. Länger Freude hat man an Saatgut mit unverzüchteten, ausdauernden Wildpflanzen. Aber auch hier sind oft Arten enthalten, die im Wendland von Natur aus nicht vorkommen und hier nicht gedeihen oder auch, im Gegenteil, gebietsheimische Arten verdrängen können. Sofern man auf gekauftes Saatgut zurückgreift, ist es deshalb wichtig, Saatgut zu verwenden, das zumindest aus dem norddeutschen Tiefland stammt (‘Regiosaatgut’). Für Regiosaatgut gibt es zwei bundeseinheitliche Qualitätssiegel, und zwar die Zertifikate „VWW-Regiosaaten®“ und „Regiozert®“. Für Norddeutschland sind derzeit als Produzenten von zertifiziertem Regiosaatgut die Firmen Rieger-Hofmann und Saaten-Zeller am Markt. Auch die hochwertigen Regiosaatgut-Mischungen haben ihre Schwächen, etwa der meist allzu hohe Grasanteil. Wilde Wiese Wendland kann Tipps geben, welche derzeit angebotenen Mischungen für Deine Wiese geeignet sind. Es gibt erste Planungen für eine Mischung, die speziell auf dasWendland zugeschnitten ist.
10) Kann ich auch Tiere als “Landschaftspfleger” einsetzen?
Unbedingt! Unsere artenreiche Kulturlandschaft gründet sich auf der Tierhaltung. Allerdings hält sich der Aufwand tatsächlich nur mit ‘Leihtieren’ in Grenzen. Mit eigenen Tieren sollte die verfügbare Fläche groß genug für eine ganzjährige Fütterung sein, um eine Überweidung oder das komplette Abgrasen der Fläche zu vermeiden (Auch hier gilt Punkt 4). Dazu kommen Stall, Wolfsschutz, Kosten für den Tierarzt… Wilde Wiese Wendland plant, einen Leitfaden für die Tierhaltung auf Wilden Wiesen zu erarbeiten.
11) Kann ich Bäume und Sträucher stehenlassen?
Ja, unbedingt! Strukturvielfalt sorgt für zusätzliche Artenvielfalt. Wichtig dabei ist, dass die Wiese ausreichend Licht bekommt, also höchstens die Hälfte der Wiese beschattet wird. Lange Hecken, eingestreute Gehölze und auch Zäune sind bereichernde Strukturen für jede Wiese.
12) Wie komme ich in kleinen Schritten zu meiner Wilden Wiese?
Vielleicht lässt Du erstmal einen Teil Deines Rasens wild wachsen oder mähst ihn als „Blumenrasen“ weniger häufig. Oder Du säst auf einer kleineren Fläche selbst gesammelte Wildblumensamen aus. Fang einfach an! Es macht so viel Freude, zu beobachten, Erfahrungen zu sammeln, mehr auszuprobieren. Aber Achtung – Suchtgefahr!
13) Was, wenn Menschen kein Verständnis für meine Wilde Wiese haben?
Das Ideal vom gepflegten Garten ohne altes Laub und ‘Unkraut’ ist bei uns allen tief eingebrannt, aber wie schön wäre es, dieses Bild zu überwinden und der Natur ihren Raum zurückzugeben! Vielleicht rümpfen dann irgendwann die Menschen über den ordentlich aufgeräumten Garten die Nase, während die Wilde-Wiese-Besitzer*innen voller Stolz die Blütenpracht auf ihren Wiesen genießen – lebendig, vielfältig und verbunden mit vielen Gleichgesinnten hier im Wendland.